Olga Schopenhauer – Die Muse im Morgenmantel

Mehr ist immer zu wenig

Olga's Playlist – Mehr ist immer zu wenig

Olga Schopenhauer

„Scham macht nicht satt.“

Olga Schopenhauer wurde 1957 in Windbergen geboren, drei Minuten vor ihrer Schwester Helga. Der Vater verschwand früh – ob durch Tod oder Abwesenheit, weiß niemand. Die Mutter arbeitete als Helferin beim Dorfarzt Dr. Freuling, oft abwesend mit Migräne.

Olga fand schon als Kind Trost im Essen und im Lachen. Während Helga die Mutter mit Gehorsam und kleinen Tricks für sich gewann, entdeckte Olga die dicken Komödiantinnen im Fernsehen – Frauen, die aus Fülle Witz und Wärme machten. Diese Haltung übernahm sie: lieber lachen als leiden, lieber mehr als weniger.

In den 1980ern spielte sie in Heimat- und Erotikfilmen, wurde als „Muse im Morgenmantel" bekannt. Nie vulgär, immer mit Humor und Selbstverständlichkeit. In den 1990ern zog sie sich zurück, lebte bescheiden von ihren Filmerträgen.

1998 kehrte sie nach Windbergen zurück. Dort führt sie heute einen kleinen Souvenirladen, vier Tage die Woche geöffnet, oft leer und doch unverzichtbar. Touristen kaufen Postkarten mit Olga, Marmelade aus der EDEKA und Wurst-Schlüsselanhänger. Und auf der Kasse schläft meistens ihre rote Katze – stiller Beweis, dass Überfluss manchmal genau richtig ist.

Lebenslinie Olga Schopenhauer

1957
Geburt in Windbergen

Geburt in Windbergen, drei Minuten vor Helga. Vater bleibt im Dunkeln – gestorben oder gegangen. Mutter: Helferin beim Dorfarzt Dr. Freuling, oft abwesend mit Migräne.

Eine Geschichte von Wärme, Wandel und wiedergefundenem Gewicht

Olga's Nächtliche Genüsse

„Ich esse, wenn niemand mehr hinsieht."

Olga nascht im Kühlschranklicht

Im gelben Kühlschranklicht um halb vier morgens, barfuß auf dem kalten Küchenboden, beginnt Olgas kleines Ritual.

Sie öffnet ein Glas Erdnussbutter. Nicht mit einem Löffel – mit dem Finger. Sie reißt eine Scheibe Weißbrot entzwei, drückt sie gegen eine überreife Banane und lässt die breiige Masse über ihre Hand laufen. Ein flacher Pfannkuchen, gefunden unter einer Alufolie, wird mit Eierlikör und Schlagsahne bestrichen, zusammengerollt und in einer einzigen Bewegung eingeatmet. Ein Gürkchen aus dem Glas, tropfend, knackig – mit Mayonnaise obendrauf. Warum nicht? Der Kühlschrank schließt sich leise. Die Nacht schweigt zustimmend.

Es gibt keine Etikette, nur Instinkt. Struktur ist wichtig: weich und knusprig, kühl und warm, fettig und noch fettiger. Das Auge wird herausgefordert: hässlich lecker. Ein halb geschmolzener Schokokeks, mit der Handfläche auf Vanilleeis gedrückt. Kein Löffel. Nur Glanz.

„Das ist keine Empfehlung," flüstert Olga aus dem Schatten. „Nur ein Vorschlag."

„Folge deinem Herzen. Und deinem Magen. In dieser Reihenfolge."(Und wenn deine Katze zuschaut – gib ihr einen Klecks Joghurt.)

Kalte Nudeln mit Thunfisch & Mayonnaise

Kalte Nudeln mit Thunfisch & Mayonnaise

Zubereitung: Nimm, was übrig ist. Kalte Nudeln aus dem Topf, Thunfisch aus der Dose, Mayo mit einem Löffel — viel, nicht wenig. Es darf aussehen wie ein Unfall.

Erinnerung: Der erste Sommer in Nordenhaus, ein Liebhaber, der nie blieb. Er brachte Zigaretten mit, sie brachte Mayo. „Wir sind nicht schön, aber satt“, sagte er. Und Olga lachte mit vollem Mund.

"Mehr ist immer zu wenig."

Die Geometrie des Begehrens“

„Kein Anfang, kein Ende. Nur ein Honigfleck auf der Zunge der Zeit.“

— Herr Hase

Herr Hase Profil

„Von der Rundung, die die Zeit verwirft“
Ein Auszug aus der kleinen Geometrie des Begehrens – von Herr Hase

Wenn man Olga auf der Leinwand sieht, spürt man kein Vor und kein Zurück. Sie geht nicht. Sie rollt. Wie eine Erinnerung, die sich nicht erzählen lässt, sondern immer wiederkehrt – in Schleifen, in Spiralen, in Flecken auf der Bluse. Ihre Körperlichkeit ist keine Linie, kein Heldinnenbogen. Sie ist ein Kreis. Eine Welt ohne Richtung, aber mit Schwerkraft.

Ich nenne es das Willendorfer Prinzip:
Wie jene Venus, zu dick für die Moderne, zu alt für Instagram – aber vollkommen für das MAZE. Eine Form, die weiß, dass Sinnlichkeit nicht in der Fläche liegt, sondern in der Tiefe: in Hautfalten, in Senken, in Vorratskammern unter dem Herzen.

Olga ist keine Figur. Sie ist ein Organismus:
Eine begehbare Wabenstruktur. Wie eine Bienenkönigin aus Nutella und Erinnerung, deren Bauch Honig träumt und deren Oberschenkel nach kaltem Pfannkuchen riechen. In ihr wohnt die Zirkularität Windenbergs. Keine Handlung, sondern Gewohnheit. Kein Drama, sondern Resteverwertung.

Wer sie begehrt, will nicht sie besitzen,
sondern sich verlieren in ihr.
Wie in einem Secondhand-Laden voller Texturen: Badetücher von 1974, Schaumstoff, Lavendelbonbons, und ein Hauch von etwas, das schon lange weggeschmissen wurde – aber doch bleibt.

So wie ihre Filme:
Keine Story. Nur Umlaufbahnen.
Keine Katharsis. Nur klebrige Hände.
Kein Ende. Nur nochmal zurückspulen.

Und vielleicht, ganz vielleicht, ist das die höchste Form von Schönheit:
Nicht das Neue, sondern das, was bleibt.
Nicht die Form, sondern der Kreisverkehr des Begehrens.

Hausaltar der Willendorf-Venus

Hausaltar der Willendorf-Venus

Ein liebevoll arrangierter Hausaltar mit einer MAZE-inspirierten Venusfigur aus strukturierten Materialien wie rotem Kunstleder, beige Frottée und Perlengarn. Die Figur steht auf einem Häkeldeckchen, umgeben von Teelichtern und zwei gerahmten Porträtfotos, darunter Olga. An der Wand hängt eine Kinderzeichnung derselben Figur. Die Szene strahlt naive Verehrung, Zärtlichkeit und eine seltsame Ernsthaftigkeit aus.

„Sie ist mehr als ein Götzenbild. Sie ist ein stilles Zentrum, um das sich die Kleinigkeiten des Begehrens drehen.“

Ein Dreiklang des Begehrens

Drei Venusstatuen, drei Körper, drei kleine Monumente der Rundung.

Nicht klassisch schön – aber klassisch MAZE.

Schwestervergleichseinheit – Die Jaloeziemeter

„Man sieht nur, was man fürchtet. Und niemand fürchtet wie eine Schwester."

Zwei Schwestern – die Gurke in der Nacht

Zwei Schwestern, zwei Geschichten, ein unsichtbares Thermometer der Gefühle.

Helga, mit ihrer unerschütterlichen Macht über Mutters Migräne. Olga, mit ihren heimlichen Löffeln Schokoladenvla und dem weichen Herz.

In dieser Einheit siehst du, wie alte Erinnerungen noch immer Funken schlagen. Bewege dich durch Momente, spüre das Knistern – und beobachte, wie sich die Nadeln bewegen.

Der letzte Pfannkuchen

Olga

Helga bekommt immer das letzte Stück. Auch wenn Mutter fragt, wer will — Helga sagt nichts. Und doch landet es auf ihrem Teller. Olga schaut nur.

Ein heißer Stich im Magen. Nicht Hunger — sondern dieses brennende Unrecht, das man nicht ausspucken kann.

Helga

Sie sah, dass Olga wollte. Aber sie sagte nichts. Weil Mutter es ihr gibt. Weil Mutter immer weiß, wer brav war.

Ein flüchtiges Zittern. Nicht Freude, sondern eine stille Angst, dass es jemand merkt. Dass Olga denkt, sie sei bevorzugt.

Olga (82%)Helga (41%)

MirriM – die Schwester, die keiner sieht

Olga Schopenhauer

Olga

„Zwischen Zwillingen kann eine dritte Schwester entstehen – nicht aus Liebe, sondern aus Spannung."

„Sie haftet an nichts, sie wandert. Besonders das Licht der Lavalampen scheint sie anzuziehen."

Helga Schopenhauer

Helga

„Negative Bindungen – Rivalität, Eifersucht – haften nicht. Sie suchen einander."

– Dr. med. Konrad Freuling, unveröffentlichte Notiz

Randnotiz Dr. Freuling – Unveröffentlicht

„Ich habe im Laufe meiner Arbeit an Zwillingen etwas beobachtet, das ich im Buch nicht aufzuschreiben wagte. Positive Bindungen zwischen Geschwistern – wie bei den Stiller-Schwestern – scheinen sich in Objekte einzulagern, in Worte, in Räume. Sie bleiben, wie Spuren auf einer Tischdecke."

„Doch negative Bindungen – Rivalität, Eifersucht, Zurückweisung – haften nicht. Sie binden sich nicht an Dinge. Sie suchen einander. Wenn Zwillinge in solcher Spannung leben, kann etwas Drittes entstehen: eine unsichtbare Schwester. Keine Person, sondern eine Gestalt der Spannung selbst."

„Sie hat keinen Körper, kein Ding, worin sie wohnen könnte. Stattdessen bewegt sie sich – wie Wärme im Wasser – zwischen Lampen, Spiegeln, Flackern. Besonders empfänglich scheinen Lavalampen, als ob ihr träges, schwebendes Licht eine Art Durchgang eröffnet."

„Ich nenne es die 'negative Symbiose': ein Drittes, das sich bildet, wenn zwei sich nicht halten können."

— Dr. med. Konrad Freuling, unveröffentlichte Notiz

Randnotiz – MirriM

Olga selbst spricht nie davon. Vielleicht weiß sie nichts. Vielleicht spürt sie nur manchmal ein Zittern im Licht.

Dr. Freuling schrieb in seinen unveröffentlichten Aufzeichnungen: „Zwischen Zwillingen kann eine dritte Schwester entstehen – nicht aus Liebe, sondern aus Spannung. Sie haftet an nichts, sie wandert. Besonders das Licht der Lavalampen scheint sie anzuziehen. Die Schwestern bleiben, doch das Dritte bewegt sich."

MirriM – so nennt man sie im Dorf – ist nicht Olga und nicht Helga. Aber ohne die beiden gäbe es sie nicht.

MirriM

Olga’s Laden der Verlorenen Wunder

„Hier gibt’s nichts, was du brauchst. Und genau deshalb kaufst du’s.“

Olga’s Laden der Verlorenen Wunder – Interieur

In der ehemaligen Gemüseecke riecht es nach Putzmittel, Lavendelbonbons und Staub von vor 1992. Olga steht vier Tage die Woche hinter dem Tresen – meist allein. Manchmal kommt ein Tourist, der eigentlich zum Maze-Museum wollte (das nicht wirklich existiert). Er tritt ein, sieht sich um, kauft ein aschenfarbenes Plastikei mit beige-braunem Frotteestoff darin. Oder einen Gutschein für 5% Rabatt bei Helga – der allerdings nicht angenommen wird.

Die Souvenirs hier sind keine Erinnerungen an das Gesehene. Sie sind Erinnerungen an das, was man nie wirklich erlebt hat: ein textiler Albtraum von Zoë, bei dem Olga behauptet, „eine Frau aus Bonn hätte es fast gekauft“ – und vielleicht stimmt das sogar. Honig von Janna, der zu flüssig ist. Ansichtskarten, die Orte zeigen, die es so nie gab.

Windenberg-Schwamm

Windenberg-Schwamm

Sammelt Tränen, Schweigen und altes Spülwasser. Nicht geeignet für echte Reinigung. Ideal für symbolisches Aufwischen.

„Man kann nicht alles sauber machen. Aber man kann so tun.“ – Olga

Zwischen Nylon, Cord und Plastikduft wartet Windenberg in Miniatur – bereit, mitgenommen zu werden.

Aber nichts passt wirklich in den Koffer.